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Innovation
Effektiver Brainstormen

Wenn Sie im Brainstorming Fragen statt Antworten zusammentragen, schaffen Sie ein Umfeld fĂŒr tiefere Nachforschungen und bessere Problemlösungen. Diese kurze Übung des Umdeutens
– sie verhindert eine negative Gruppendynamik und kognitive Verzerrungen, die revolutionĂ€ren EinfĂ€llen im Weg stehen – fördert oft neue Perspektiven und
ĂŒberraschende Erkenntnisse zutage.

I. Ausgangssituation

KreativitĂ€t ist eine der SchlĂŒsselressourcen der Zukunft. Wer an der Spitze bleiben will, braucht kontinuierlich neue Ideen. Um dem Bedarf an Innovationen gerecht zu werden, braucht es KreativitĂ€tstechniken, die dabei helfen, EinfĂ€lle zu sammeln, Ideen zu generieren und KreativitĂ€t zu fordern. KreativitĂ€tstechniken sollen DenkanstĂ¶ĂŸe bringen, Impulse liefern und zur Ideenfindung beitragen. BewĂ€hrte KreativitĂ€tstechniken sind z.B. das Mind-Mapping, Brainstorming, Brain-Writing, Brain-Warming, Brain-Walking, 635 – Methode, Gruppendiskussion, Design Thinking, ABC Technik, Walt Disney Methode, Osborne Methode, SCAMPER und der Morphologische Kasten. Dieser Beitrag soll eine etwas unkonventionellere Methode des Brainstormings nach Hal Gregersen vom MIT Leadership Center beleuchten, wonach im Brainstorming Fragen anstatt Antworten zusammengetragen werden (Quelle: Questions Are the Answer, Hal Gregersen, 2018; Harvard Business Manager 08/2018, S. 21).

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II. Problem

Große Innovatoren wissen von jeher: Der SchlĂŒssel zu besseren Antworten sind bessere Fragen – solche, die vermeintlich unumstĂ¶ĂŸliche Grundannahmen auf den PrĂŒfstand stellen. Diese Fragen formulieren aber die Wenigsten, selbst beim Brainstorming nicht, weil sie es nicht gewohnt sind. So kommt es, dass sie auf der Suche nach neuen Ideen nicht weiterkommen.

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III. Lösung

Beim Brainstorming nach Fragen, statt nach Antworten zusuchen macht es leichter, kognitive Voreingenommenheit zu umgehen und sich aufunbekanntes Terrain zu begeben. LĂ€ngere Zeit im Fragemodus zu bleibenwiderstrebt den meisten Menschen allerdings, weil wir schon als Kinder daraufkonditioniert werden, stĂ€ndig Antworten zu liefern. Dieser Beitrag beschreibtden Ansatz nach Hal Gregersen und kann in einer Gruppe oder allein immer dannzu Rate gezogen werden, wenn Sie sich festgefahren haben oder nach neuen Möglichkeitensuchen wollen. Und wenn Sie den Ansatz in Ihrer Organisation als regelmĂ€ĂŸige Übungetablieren, können Sie damit die Kultur der kollektiven Problemlösung und WahrheitsfindungstĂ€rken.

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1. Schritt: Vorbereitung

WĂ€hlen Sie zunĂ€chst eine Herausforderung aus, die Ihnen besonders wichtig ist und laden dann Menschen ein, die Ihnen helfen das Thema aus einer neuen Perspektive zu betrachten und auf eine breitere Wissensbasis zurĂŒckzugreifen. Am besten beziehen Sie zwei oder drei Kollegen ein, die das Problem nicht aus eigener Erfahrung kennen, die einen anderen kognitiven Stil oder eine andere Weltsicht haben und somit als Externe ungewöhnliche Fragen stellen und Themen ansprechen, auf die man selbst nicht gekommen wĂ€re.

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2. Schritt: Regeln aufstellen

Bevor mit dem Brainstorming innerhalb der Gruppe gestartet wird, sollten zwei fundamentale Regeln fĂŒr diese Methode formuliert werden.

Erstens, die Teilnehmer dĂŒrfen nur Fragen stellen, aber keine Lösungen vorschlagen oder auf Fragen anderer antworten. Lösungen und Antworten sollten von dem Sitzungsleiter moderiert werden und in einem gesonderten Agendapunkt behandelt werden. Insbesondere bei Teilnehmern aus dem Management muss hier meist stĂ€rker moderiert werden, weil diese es im tĂ€glichen Arbeitsalltag gewohnt sind, Lösungen und Antworten liefern zu mĂŒssen und auch hier in die Falle tappen könnten sofort Antworten und Lösungen zu geben.

Zweitens, darf der Fragensteller keine BegrĂŒndungen und ausufernden Beschreibungen zu der Frage formulieren, weil Sie die Zuhörer dazu anleiten, das Problem auf eine bestimmte Art und Weise zu betrachten, aber genau das soll vermieden werden, um die Voreingenommenheit der Positionen nicht zu bekrĂ€ftigen und dem Kollektiv die Chance zu geben bestehende Denkmuster aufzubrechen.

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3. Schritt: Fragen sammeln

Stellen Sie nun einen Zeitplan auf und verbringen Sie die nĂ€chsten vier Minuten damit, gemeinsam so viele Fragen wie möglich ĂŒber die Herausforderung zu generieren. Wie bei jedem Brainstorming sollten Sie es nicht zulassen, dass die BeitrĂ€ge anderer zurĂŒckgedrĂ€ngt werden. Je ĂŒberraschender und provozierender die Fragen sind, desto besser. Bei dieser Übung liegt der Schwerpunkt auf der QuantitĂ€t. Wenn Sie die Gruppe bitten, in der vorgegebenen Zeit so viele Fragen wie möglich zu generieren – versuchen Sie es mit mindestens 15 Fragen -, halten Sie sie kurz, einfach und frisch. Schreiben Sie jede Frage wörtlich auf.

Können genau vier Minuten und 15 Fragen magisch wirken? Nein, aber der Zeitdruck hilft den Teilnehmern, sich an die Regel „nur Fragen“ zu halten. Jede BemĂŒhung um Antworten bedeutet weniger Chancen, das Ziel zu erreichen. Außerdem wird die Wahrscheinlichkeit steigen, dass die Teilnehmer Fragen generieren, die nicht durch Qualifikationen und Annahmen belastet sind, und sie werden es leichter finden, sich einer ErklĂ€rung zu widersetzen, warum sie jede Frage stellen, die aus dem linken Feld zu kommen scheint. Noch besser: Studien zeigen, dass mĂ€ĂŸiger Leistungsdruck den kreativen Output steigern kann. Die Energie bei dieser Übung lĂ€sst oft nach dreieinhalb Minuten nach. Und in der Praxis kann das Abschreiben von Dutzenden von Fragen zu einer mĂŒhsamen Aufgabe werden. Aus diesen beiden GrĂŒnden ist es besser, mehrere Frageblöcke zu verwenden, um eine Herausforderung umzuformen, zu verfeinern und schließlich zu lösen, als zu viel AktivitĂ€t in eine lĂ€ngere Sitzung zu packen.

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4. Schritt: Lösungsweg finden

Studieren Sie selbst die Fragen, die Sie sich notiert haben, und suchen Sie nach denen, die neue Wege aufzeigen. In etwa 80 % der FĂ€lle ergibt diese Übung mindestens eine Frage, die das Problem sinnvoll umreißt und einen neuen Blickwinkel zur Lösung des Problems bietet. WĂ€hlen Sie ein paar aus, die Sie faszinieren, die Ihnen anders erscheinen als Ihre bisherige Vorgehensweise, oder die Ihnen sogar ein wenig Unbehagen bereiten.

Fragen Sie sich, warum die von Ihnen gewĂ€hlte Frage wichtig oder sinnvoll erschien. Dann fragen Sie, warum der Grund, den Sie gerade genannt haben, wichtig ist – oder warum es ein Knackpunkt ist. Und so weiter (vgl. 5 Why Methode von Sakichi Toyoda). Indem Sie besser verstehen, warum eine Frage wirklich wichtig ist und welche Hindernisse Sie bei der Lösung dieser Frage ĂŒberwinden mĂŒssen, vertiefen Sie Ihre Entschlossenheit und Ihre FĂ€higkeit, etwas dagegen zu tun, und erweitern das Gebiet möglicher Lösungen.

Verpflichten Sie sich schließlich, mindestens einen neuen Weg zu beschreiten. Lassen Sie dabei Überlegungen beiseite, was vielleicht bequemer abzuschließen oder einfacher zu implementieren wĂ€re und wenden Sie stattdessen den Fokus eines Innovators auf die „zu erledigende Aufgabe“ an und darauf, was es braucht, um das Problem zu lösen. Stellen Sie einen kurzfristigen Aktionsplan auf: Welche konkreten Maßnahmen werden Sie persönlich in den nĂ€chsten drei Wochen ergreifen, um mögliche Lösungen zu finden, die durch Ihre neuen Fragen vorgeschlagen werden? Der Punkt ist hier, dass es wichtig ist, zu Fragen der Annahme zu gelangen, die die Annahme in Frage stellen, aber nie ausreichen. Ein Aktionsplan und ein Follow-up können das Problem klĂ€ren und den Weg fĂŒr VerĂ€nderungen eröffnen.